Fono Forum

Musik:★ ★ ★ ★ ★

Klang: ★ ★ ★ ★ ★

2015 erschien wie aus dem Nichts ein Doppelalbum mit 90 Minuten höchst ungewöhnlicher Musik. Zehn Jahre hatte die samische Saxofonistin Mette Henriette aus Trondheim an den Stücken für ihre Debütplatte gearbeitet. Manfred Eicher stellte die junge Norwegerin im Trio, das auch hier zu hören ist, sowie mit einem erweiterten Ensemble vor – auch jetzt wieder in einer klanglichen Detailschönheit, die ihresgleichen sucht.

DNA-Analysen zufolge bilden die Samen den Übergang von den Europäern zu den Ostasiaten. Beim Hören drängte sich mir irgendwann das Wort „Zen-Jazz“ auf. Dem langerwarteten zweiten Album ging offenbar eine gründliche Vorarbeit voraus, vielleicht weil Mette Henriette dazwischen Orchesterwerke schrieb, weil sie viel in anderen Kunstformen mitwirkte, unter anderen mit Marina Abramovic.

Das zweite Werk nach sieben Jahren legt den Akzent mehr auf genau geplante Aktionen. Jedes Stück erschließt ein neues Terrain, und das Trio Henriette/Lindvall/Hamann hat noch mehr zueinander gefunden. Wie beim jungen Jan Garbarek ist da ein aufregender neuer Ton, wenn Mette Henriette vom Volk der Samen in ihr Horn blasend dem folgt, was ihr der Wind des Nordens einflüstert. Sogar Mund- und Speicheltöne werden einbezogen, Oberflächen aufgeraut, Hauchen und Flüstern prägen den Erzählton. Man will ihr gerne glauben, wenn die Saxofonistin sagt, Ayler und Evan Parker erst gehört zu haben, nachdem man ihr von beiden erzählt habe. Die fünfzehn oft nur zwei, drei Minuten langen Trio-Miniaturen verströmen innere Wärme und höchste Originalität. Wie Mette Henriette durch ihre ureigene Klangwelt driftet, hat fast den Zauber der frühen Bergman-Filme.

— Karl Lippegaus, Fono Forum

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